Schifoan – im Oktober?

WirtschaftDem echten Österreicher geht das Schifahren über alles, das weiß man nicht erst seit Wolfgang Ambros. Die heimische Topologie ist dafür ja prädestiniert, und wenn praktisch jeder seinen privaten Schihügel vor der Haustür hat, ist Breitensport vorprogrammiert. Seit Jahrzehnten wird also versucht, die gewinnträchtige Wintersaison entsprechend auszudehnen, der Kiebitzer erinnert sich an Grasschifahren und Sommerrodelbahnen, von Gletscherschigebieten ganz zu schweigen. Aber erst in den letzten Jahren wurden Kunstschnee und Bescheiungsanlagen so richtig lukrativ, und man beginnt jedes Jahr früher, weiße Bänder in die sonst noch grüne Landschaft zu sprühen.

Was gibt es Schöneres als den Nationalfeiertag beim Nationalsporteln zu begehen, haben sich die Kitzbühler gedacht und die Schifahrsaison schon am 26. Oktober eröffnet – auf Kunstschnee, natürlich. Trotzdem gab es überraschend viel Gegenwind, und mittlerweile, nach kaum mehr als zwei Wochen, hat man den Versuch wieder abgeblasen. Ist Vernunft eingekehrt? Iwo, nur der Föhn. Die Verantwortlichen zeigen sich ob ihrer Idee nämlich nach wie vor begeistert, und nächstes Jahr kann man es ja wieder probieren, wozu gibt es Förderungen!

Der Kiebitzer versteht das ganze überhaupt nicht: Sollte man sich jetzt, wo die globale Erwärmung praktisch unaufhaltsam ist, nicht schön langsam Alternativen zum Schifahren, bevorzugterweise solche, die ohne Schnee auskommen, überlegen? Es wird wirklich Zeit, daß der Gesetzgeber aufhört, das Schifahren als sakrosankt zu betrachten. Anstatt hier Milliarden zu versenken, die kurzfristig nie wieder zurückverdient werden können, sollte man lieber mit ein paar Millionen andere Standbeine aufbauen.

In anderen Staaten geht das ja auch. Hier in Japan bespielsweise schneit es auch nicht immer und überall, und die Tourismusindustrie boomt auch im Winter, hauptsächlich durch einheimische Touristen. Jedes mittelgroße Nest hat seine eigene Attraktion, die man sich anschauen muß, oder sein ganz spezielles Essen oder ein ganz spezielles Handwerk, das man nur dort bekommt. Natürlich ist es nicht ganz so kalt wie bei uns, was den Winter relativ angenehm zum Reisen macht (insbesondere im Vergleich zum schwülen Sommer) aber wie gesagt, die globale Erwärmung wird das auch ändern. Also wie wäre es, liebe Regierung, oder besser: liebe Gemeinderäte?

Fairerweise muß der Kiebitzer zugeben, daß er als Couchpotato und Nerd von Sport grundsätzlich nicht viel hält, und von Wintersport schon gar nicht. Alleine die Tatsache, daß er im Winter überhaupt vor die Tür muß, empfindet er als persönlichen Affront. Dabei könnte er sogar Schifahren, ein bisserl halt. Daran ist ein Volksschullehrer schuld, der den Kiebitzer mit folgendem Satz auf die Piste gezwungen hat: “Stell Dir vor, Du hast einmal eine Freundin die gerne Schifahren tut – und Du kannst nicht mit.” Jaja, der war halt noch ein echter Österreicher, nicht so ein Auswanderer wie der Kiebitzer…