In der Türkei ist die Hölle los. Nicht, daß das jemals eine Lieblingsurlaubsdestination des Kiebitzers gewesen wäre, aber seit dem Putschversuch dreht Erdogan Pascha völlig durch. Nach letztem Stand sind 10.000 Menschen verhaftet und 65.000 Beamte der Justiz, Verwaltung und Bildungseinrichtungen suspendiert worden, und seit neuestem gibt es auch ein de-facto Ausreiseverbot für noch einmal 10.000 Türken. Besonders wer sich an diversen Universitäten noch eines Jobs erfreut, darf nicht ausreisen, und international gibt es – facebook sei Dank – den Aufruf zum Denunziantentum.
Der Kiebitzer kann jetzt kein Türkisch, aber wenn die Übersetzung stimmt, und Erdogan wirklich offen von “Säuberungen” redet, dann sollte man diesem Land wohl besser großräumig und langfristig ausweichen, jedenfalls nachdem die Todesstrafe wieder eingeführt wird. Und ein Einfrieren diverser finanzieller EU Hilfsgelder (z.B. für das Heranführen der Türkei an die EU) sollte man auch besser heute als morgen überlegen. Wer weiß, was dem neuen Sultan noch alles (damit) einfällt in seinem mittlerweile ungebremsten Größenwahn.
Die Türken in Österreich, bzw. jene Österreicher mit türkischer Abstammung, sehen das allerdings anders. Da rotten sich – noch in der Nacht des Putsches – 4.000 von ihnen in Wien zusammen, um für Erdogan, den großen und gerechten Hüter der türkischen Demokratie, zu demonstrieren. Ein Putsch und seine Folgen sind im allgemeinen das absolute Gegenteil zur Demokratie, keine Frage. Aber der Kiebitzer muß sich schon wundern, ob diese Leute ihre Informationen ausschließlich aus der AKP Parteipropaganda beziehen. Auch wenn es in der Türkei schon länger keine Presse mehr gibt, die das Attribut “frei” verdient, ist es ja nicht so schwierig, über den Tellerrand hinwegzublicken, noch dazu aus dem Ausland. Aber gut, jene, die das können, waren höchstwahrscheinlich an der nächtlichen Zerstörung des kurdischen Restaurants eh nicht beteiligt.
Das Interessante, ja, beinahe Zynische an diesen Demonstrationen ist aber, daß diese Leute, indem sie sich hinter Erdogan und Konsorten stellen, für die Abschaffung genau jener Freiheiten und Grundrechte sind, die sie in Österreich genießen dürfen; das Recht auf Versammlung und freie Meinungsäußerung sind da nur die zwei offensichtlichsten davon.
Diese kognitive Dissonanz ist auch unserem Außenminister aufgefallen, und er hat sich aus Washington mit einer nicht gerade honigtriefenden Wortspende gemeldet: Wer in der türkischen Innenpolitik mitmischen mag, möge das doch bitte nicht von Wien aus tun, sondern direkt vor Ort in Ankara. Der Kiebitzer pflichtet ihm bei, und sogar Erdogan Pascha selbst hat die Auslandstürken quasi wieder heim ins Reich gerufen. Und bei den ganzen Jobs die da unten gerade frei werden: 12.500 in diversen Bildungseinrichtungen, 10.000 im Militär, tausende mehr in der Justiz und in Ministerien usw. scheint so eine Rückkehr nicht die schlechteste Idee zu sein. Ein Mangel an Ausbildung, Fachwissen und Intelligenz sind ja offensichtlich kein Hindernis für das hohe türkische Beamtentum, dazu muß man sich ja nur anschauen, wie der Putschversuch abgelaufen ist…