Verfaßte Minderheiten

KärntenEs ist in letzter Zeit ziemlich ruhig geworden um die Kärntner Slowenen. Seit man den lächerlichen Ortstafelstreit gemeinsam mit Jörg Haider begraben oder zumindest aus dem zentralen Blickfeld entfernt hat, ist beinahe so etwas wie Landfrieden eingekehrt, zumindest sieht das für Nichtkärntner so aus.

Dem scheint bei genauerem Hinsehen allerdings nicht so zu sein, die Slowenenfrage ist wieder auf der Tagesordnung gelandet, und wird auch Restösterreich aufgedrängt. Es ist nämlich so, daß die Kärntner Landesverfassung (was es alles gibt) neu geschrieben wird; hauptsächlich geht es um die – längst überfällige – Abschaffung des Proporzsystems, nebst anderer Kleinigkeiten. Und weil so Verfassungen grundsätzlich auf extrem geduldigem Papier geschrieben werden, ist da immer auch Platz für poetisches Politgeschwafel. Beispielsweise soll in der Kärntner Verfassung der Satz stehen “Die Fürsorge des Landes und der Gemeinden gilt den deutsch- und slowenischsprachigen Landsleuten gleichermaßen”.

Und wegen dieses einen Satzes gibt es so großen Widerstand – von den Schwarzen! – daß die Koalition auf dem Spiel steht. Benger, der Chef der Kärntner ÖVP möchte diesen Satz nicht in der Verfassung stehen haben, weil die Gleichheit aller Volksgruppen vor dem Staat eh in der Bundesverfassung stehen würde, oder so. Dem könnte man durchaus zustimmen, hätte selbiger nicht anderswo erwähnt, daß in der Partei und in Kärnten Stimmen laut geworden seien, die eine derartige “Bevorzugung” der Slowenen nicht gut finden, und das ist vermutlich höflich ausgedrückt. Soviel zur Gleichbehandlung aller Volkgruppen in Kärnten.

Interessant hierzu die Aussage von Kärntner FPÖ Chef Mölzer, der im wesentlichen sagt “is ma wurscht”, und die Causa als lächerlich und “gegessen” abtut. Ein bedauerlicher Einzel(an)fall gesunden Menschenverstandes anscheinend, weil es wäre nicht die FPÖ, würde sie nicht anderweitig nach wie vor gegen die Slowenen hetzen:

Es werden gerade in sechs (6!) zweisprachigen Kärntner Volksschulen neue Direktoren gesucht, die laut Landesgesetz zweisprachig sein müssen. Und darüber regt sich jetzt eben die FPÖ auf, weil sie eine zukünftige Diskriminierung von nur Deutsch sprechenden Lehrern heraufbeschwört: Diese Massen an zweisprachigen Direktoren werden nämlich ausschließlich andere zweisprachige Lehrer einstellen! Und das geht nicht, schließlich hat man in der FPÖ das Monopol auf Freunderlwirtschaft. Darüber hinaus ist es wie man weiß, in Kärnten strengst verboten, zur Horizonterweiterung oder auch nur zur Erhöhung der Berufschancen eine Fremdsprache zu erlernen…

Der Kiebitzer sieht das so: Mölzer hat recht wenn er sagt die Sache sei lächerlich, und Benger hat recht damit, daß vor dem Staat sowieso jeder Bürger gleich sein sollte. Allerdings sieht es so aus, als ob im Kärnten das slowenisch-österreichische Kriegsbeil nur beiseite gelegt wurde anstatt begraben, und sowohl die ÖVP als auch die FPÖ scheinen daran nicht ganz unschuldig wenn man sich anschaut was sich dort in den Landesparteien abspielt. Da ist es wahrscheinlich die beste Idee, daß man den Kärntner Bürgern und ihren Vertretern ebenso ihre Gleichheit vor dem Staat sehr deutlich, langfristig, und vor allem schriftlich vor Augen hält – und was gibt es da besseres als die Landesverfassung?