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Noch ein Rücktritt

GRUENEWas ist denn jetzt kaputt in Österreich? Jahrelang geht so wenig weiter, daß man schon glaubt man wäre in einer Zeitschleife gefangen – und jetzt auf einmal macht das Murmeltier derartige Purzelbäume, daß der Kiebitzer mit dem kiebitzen kaum noch nachkommt…

Dieses Mal hat es die Grünen erwischt: Die Ära Glawischnig ist zu Ende. Seit 1999 im Nationalrat, seit 2008 Parteichefin der Grünen, beendet sie nun ihre Politkarriere und zieht sich mit sofortiger Wirkung ins Privatleben zurück. In einer sehr emotionalen Abschiedsrede hat sie (positiv) Resümee gezogen und gleichzeitig versprochen, sich weiterhin zu engagieren, hauptsächlich gegen Haß im Netz, der ihr und anderen Frauen besonders häufig entgegenschlägt.

Wie es mit der Partei weitergeht, sprich: wer die Grünen in den bevorstehenden Wahlkampf führen wird, wird sich in den nächsten Tagen entscheiden. Dem Kiebitzer ist das relativ wurscht, weil die Grünen auf Bundesebene für ihn nie wirklich wählbar waren. Es ist unwahrscheinlich, daß der/die Neue in den nächsten fünf Monaten daran etwas ändern wird.

Interessant die Gründe für Glawischnigs Rücktritt: Sie redet von einer persönlichen Entscheidung, von körperlichen Warnsignalen und davon, daß sich die Verantwortung für ihre Kinder nicht mit der 24/7 Verfügbarkeit als Politikerin vereinbaren läßt. Komisch daß ihr das gerade jetzt einfällt; ihr jüngster Sohn ist neun Jahre, also ein Alter wo Kinder im allgemeinen aus dem Gröbsten heraußen sind…

Der Kiebitzer hofft, daß man bei Glawischnigs letztem Krankenhausaufenthalt nichts Schlimmes entdeckt hat, und daß sie ihre Familie genauso wie ihren Ruhestand noch lange genießen kann. Alles Gute!

Selbstzerstörung

OEVPSebastian Kurz ist also der neue Obmann der ÖVP. Nein, eigentlich eher der neue Obmann der “Liste S. Kurz, powered by ÖVP”, oder wie sich das nennt. Der Kiebitzer steht daneben und wundert sich ob des Staats-, entschuldigung, Parteistreichs, hauptsächlich deswegen weil sämtliche ÖVP Funktionäre, die noch vor einer Woche dem Mitterlehner alle verfügbaren Hackln ins Kreuz geschmissen haben, sich jetzt problemlos unterordnen und auf Steigbügelhalter machen, um es vornehm auszudrücken.

Was ist da passiert? Was hat Kurz denen bloß erzählt bzw. versprochen, daß der ÖVP Vorstand höchstpersönlich und einstimmig auf den Selbstzerstörungsknopf drückt? Daß die Bünde und wie die parteiinternen Seilschaften so heißen, die von den Rängen gerne mitreden, zurückgestutzt werden mußten, war ja keine neue Erkenntnis (für jemanden von außen). Daß ein neuer Obmann da einen plausiblen Grund abgibt genau das endlich zu tun ist auch nicht die schlechteste Ausrede. Stellt sich immer noch die Frage warum gerade jetzt.

Wahrscheinlich sind die Neuwahlen, die man gerade vom Zaun gebrochen hat, der Grund dafür, insbesondere die Tatsache, daß Kurz mit seinen “Grenzen dicht” und ähnlichen Ansagen gut ankommt und wohl besser im blauen Teich fischen kann als Kern. Und der Kiebitzer ist sich sicher, daß die Aussicht auf einen langfristigen Machterhalt sogar hartgesottene Kerle wie Lopatka, Amon und Konsorten auf die Knie zwingt. Schließlich kann man sich kurzfristig so ziemlich jedem “starken Mann” unterordnen, wenn am Ende das Ergebnis paßt oder dieses Ende zumindest absehbar ist.

Und dieses Ende kann in der Tat sehr, sehr schnell kommen, weil wenn Kurz bei den nächsten Wahlen nicht reüssieren kann, dann wird er sehr, sehr rasch wieder von der Bühne verschwinden, und mit ihm sein Namenslistenbewegungsdingsbums. Weil genügend Größe und Format, daß er auch nach einer Niederlage am Ruder bleiben könnte, hat Kurz nicht. Er wäre gut beraten, die Zeit bis zur Wahl im Herbst genauso einzuschätzen wie der Vorstand das wohl (im Stillen) tut: Als reine Zweckehe.

Der Kiebitzer wird anfangen müssen darüber nachzudenken, wem er bei der nächsten Wahl seine Stimme anvertraut. Leicht wird diese Entscheidung nicht werden. Immerhin ist er nicht jemand, der einen starken Führer braucht. Wenn dem aber so wäre, müßte er sich schon die Frage stellen – ganz österreichisch – warum man den S. Schmidl wählen soll, wo es doch auch den HC Schmied gibt…

Kindereien

OEVPVor ein paar Tagen hat die ÖVP ein Rot-Grün-Manifest herausgegeben. Leider konnte der Kiebitzer online keines Exemplars habhaft werden, also muß er sich mit Infos aus zweiter Hand zufrieden geben. Anscheinend geht es in der Broschüre um reichlich polemische Warnungen vor einer möglichen Koalition der SPÖ mit den Grünen auf Bundesebene. Verpackt ist das ganze im alten Sowjetstil mit drei Farben Druck, und Hammer und Sichel dürfen auch nicht fehlen.

Der Kiebitzer steht daneben und greift sich an den Kopf ob solcher Kindereien. Nicht falsch verstehen: Das Bild von Kern ist genial – als Satire. Leider sieht es so aus, als handelte es sich um erstgemeinte Propaganda, entstanden irgendwo in den Tiefen der ÖVP, wo man selbst zu den untersten Schubladen Zugriff hat und sich dessen nicht schämt. Das tun immerhin fast alle Bundesländerorganisationen, die sich umgehend und strikt geweigert haben das Machwerk wie geplant weiterzuverbreiten.

Sogar der Kiebitzer übt sich im Fremdschämen, und das ist eigentlich seine Sache nicht. Es ist schon klar, daß sich jedes langverheiratete Ehepaar gelegentlich streitet, auch über Nichtigkeiten. Aber was unsere Koalitionsparteien schon seit Jahren so aufführen hat damit nichts mehr zu tun. Das kann man eher damit vergleichen, wenn die Eltern anfangen sich mitten auf der Straße lautstark und gegenseitig die Scheidung anzudrohen. Und Du als Kind stehst frustriert dazwischen und schreist: “Machts es doch endlich, verdammt!” Nicht weil die Konsequenzen davon so supergut wären, sondern nur damit Du endlich Deine Ruhe hast. Dem gemeinen Wähler in Österreich geht es wahrscheinlich ähnlich.

Der einzige, der sich nicht aus der Ruhe bringen läßt, ist Bundeskanzler Kern. Der nimmt der Affäre gekonnt den Wind aus den Segeln indem er das Propagandabildchen kurzerhand zu seinem Facebook Profilbild macht. Ein echt guter Konter! Schade, daß man den Kern nicht wählen kann ohne nicht auch die SPÖ im Sack mitkaufen zu müssen…

Urpeinlich

WienDie Schockwellen, die gerade wegen der Ex-Jungen (und jetzt ziemlich alt ausschauenden) Grünen durch den Rest der Partei schwappen, haben sich bis in die Wiener Landespartei ausgebreitet. Eines der Wiener Prestigebauvorhaben der letzten Zeit, das Hochaus am Heumarkt, droht schon vor Baubeginn in sich zusammenzufallen. Weil, obwohl sich die Grünen und die SPÖ grundsätzlich und schon sehr lange einig gewesen waren lieber auf das UNESCO Weltkulturerbeprädikat zu verzichten als auf ein paar Stockwerke eines 0815 Hochhauses, sieht es im Moment nicht mehr so aus als wäre die diesbezügliche Abstimmung im Stadtrat eine g’mahte Wiesn.

Und das liegt an den Grünen: Zuerst wartet man bis das Projekt vor der finalen DAFÜR – DAGEGEN Entscheidung steht. Dann besinnt man sich plötzlich seiner Parteimitglieder und setzt eine Urabstimmung an, wobei im Vorfeld vollmundig verkündet wird, daß deren Ergebnis auf alle Fälle bindend wäre. Ist der Ausgang bekannt, schaut man ein paar Momente blöd aus der Wäsch’, um dann zu entscheiden, daß nach der Urabstimmung vor der Urabstimmung ist, und man doch so stimmen wird wie man es mit dem Koalitionspartner vorab vereinbart hat. Das ist “Basisdemokratie”wie die Grünen sie meinen; irgendwie so ähnlich wie deren Auffassung von Toleranz, die nur bis zu den Innengrenzen der eigenen Meinung reicht.

Auf alle Fälle schaut Frau Vassilakou im Moment ziemlich alt aus; ist schon blöd wenn die eigenen Parteimitglieder bei der großen städteplanerischen Vision nicht mitspielen wollen. Das nächste Mal wäre es eventuell ratsam die Mitgliederbefragung früher einzuplanen. Das hat den Vorteil, daß man leichter etwas ändern kann (im Notfall nur die Meinung der Gegner, aber das ist auch schon was), und daß einen der Gegenwind  den es bei jedem Projekt gibt, nicht völlig wegputzt.

Letzteres ist der Chefetage der Grünen noch nicht passiert, Vassilakou versucht Schadensbegrenzung indem sie ihre Mandatare frei abstimmen läßt, ob für sie die Urabstimmung bindend ist oder nicht. Hört sich schlau an: Egal wie das Endergebnis aussieht, sie selbst wäscht die Hände in persönlicher Unschuld. Ob der Koalitionspartner bzw. die Parteibasis da mitspielen wird, ist fraglich. Aber man wird sehen.

Nur so als Randbemerkung: Der Kiebitzer hat ein bißchen gerechnet… Es gibt nur ca. 1.300 Mitglieder der Grünen in Wien? In WIEN – echt jetzt? Natürlich bringt einem ein grünes Parteibuch bei den ganzen roten Gemeindebauten nicht viel, aber in Wien, der Hochburg der linkslinken Bobos und Gutmenschen, ist das schon verdammt peinlich. (Zum Vergleich: der SK Rapid hat etwas mehr als 6.800 Vereinsmitglieder in Wien alleine).

Vielleicht wird es Zeit, daß sich die Grünen eine neue Marketingstrategie zulegen. Wie wär’s mit “Back to the roots!”

Viele Farben: Grün

GRUENEWenn man in den letzten Wochen nach Amerika geschaut hat, ist man ja fast neidisch geworden, aber es ist wieder da: Großes Politkabarett auch in Österreich – diesmal bei den Grünen. Der Kiebitzer faßt kurz zusammen, so quasi als Selbsttest ob er das auch alles richtig verstanden hat:

Es gibt die Kaderschmiede der Grünen Partei auf Uniebene, die GRAS (Grün Alternative Studierende). Von der hat sich letzten Herbst eine Bewegung abgespalten, die Grünen Studierenden. Die möchten bei den anstehenden ÖH Wahlen antreten und werden dabei von den Jungen Grünen, ihres Zeichens Jugendorganisation der Grünen, unterstützt. Was der Mutterpartei überhaupt nicht paßt weil man dort nur der GRAS offiziell und finanziell unter die Arme greifen möchte.

Der Kiebitzer hofft, das ist jetzt so halbwegs richtig.

Auf alle Fälle fliegen gerade die Fetzen: Die Jungen Grünen richten der Parteiobfrau aus, sie möge gefälligst zurücktreten; diese schickt einen Funktionär vor, der die Jungen Grünen zurückpfeifen soll. Nachdem es aber nicht danach ausschaut, daß sich die wieder an die kurze Leine legen lassen, droht er – rein sicherheitshalber – mit generellem Liebesentzug, will heißen, mit Parteiausschluß und dem Einfrieren sämtlicher Gelder am 31. März. Und mit Markenrechten noch obendrauf. Natürlich werden diese ganzen Kämpfe mit harten Bandagen vor (und teilweise auch mit) der Facebook-Öffentlichkeit geführt, das ist heutzutage so üblich, nämlich, Zeitungen waren gestern.

Das echt Witzige an der Sache ist, daß der Grund, aus dem sich die Grünen Studierenden überhaupt erst von der GRAS abgespalten haben, im Konsensprinzip liegt. Wenn alle immer einverstanden sein müssen, setzt sich halt der Sturste mit dem längsten Sitzfleisch durch. Und genau das ist es woran die Grünen schon seit Jahren leiden, wie auch hier wieder vorgezeigt: am fehlenden (innerparteilichen) Diskurs. Man heftet sich zwar großartige Worte wie “Demokratie” und “Diskussion” und vor allem “Toleranz” auf die Fahnen; aber wehe es kommt jemand daher, der besonders letzteres für seine Ideen einfordert. Parteiintern wird er eingeebnet (siehe Pilz, Dönmez und andere); Außenstehende rückt man gerne in ein Eck welches man je nach Bedarf betitelt mit “Undemokratisch”, “Rechts”, “Ausländerfeindlich” etc. Weil dann muß man sich mit den Argumenten von Abweichlern nicht mehr auseinandersetzen, wo käme man denn da hin.

Kurz und gut, das Motto der Grünen sollte besser lauten: “Wir sind für Toleranz – für alle die genauso denken wie wir!” Das wäre zumindest ehrlich, aber darauf wir man wohl noch länger warten müssen, wahrscheinlich bis zum völligen Austausch der Parteispitze, der sich, mit dem Abschuß der eigenen Jugendorganisation gerade einige weitere Jahre verzögert. Naja, man wird ja noch hoffen dürfen – die nächste Woche wird auf alle Fälle amüsant.