Direkte Demokratie

BundespraesidentÖsterreich hat stichgewählt, und so spannend war es noch nie. Sogar der Kiebitzer hat die letzen beiden Nächte vor dem Fernseher verbracht um ja nichts zu verpassen – und hat seinen Schilchervorrat ordentlich dezimiert dabei. Er freut sich ungemein, daß sich seine persönliche Prognose nicht verwirklicht hat; mit so einem knappen Ergebnis mit gerade 31026 Stimmen mehr für den Sieger konnte aber wirklich keiner rechnen.

Und was heißt das jetzt? International, daß wir nicht wie die letzten Trotteln dastehen. Das Gesprächsniveau unseres neuen Bundespräsidenten wird auf einer ruhigen, repräsentativ-konfrontationsarmen Ebene verbleiben. Laute Töne liegen ihm nicht so (sofern nicht provoziert), das ist auf dem schlüpfrigen internationalen Politparkett auch ganz gut so.

National wäre es vielleicht besser, wenn es jemanden gäbe, der ein bißchen mehr Tacheles reden würde. Beispielsweise als HC Strache am Sonntag nach der Hochrechnung doch allen Ernstes das Wort “Wahlbetrug” in den Mund genommen hat. Da wäre es schon schön gewesen, wenn ihm jemand postwendend erklärt hätte, daß er sich in Österreich befindet und in keiner Bananenrepublik, auch wenn er das vielleicht anders sieht. Aber anscheinend stört es keine Sau, wenn er tausende von Wahlhelfern – ja, auch die aus seiner eigenen Partei – einer strafbaren Handlung bezichtigt, nur weil er den Unterschied zwischen einer Auszählung und einer Hochrechnung nicht kennt…

Darüber hinaus gibt der Kiebitzer van der Bellen recht, der in Österreich keine 50% ewiggestriger Nazitrotteln ortet. Außerdem denkt er, daß die Gräben, die jetzt das Land durchziehen sollen, wenn überhaupt vorhanden, dann bei weitem nicht so tief wie ausgelotet sind. Natürlich gibt es auch in Österreich die extremen Rechten und auch die extremen Linken. Da eine Konsolidierung zu versuchen ist Zeitverschwendung. Der Rest der Wähler mußte sich aus Mangel einer Alternative in der Mitte – wie es Frau Griss wahrscheinlich gewesen wäre – leider entsprechend extrem deklarieren.

Und wenn es einmal so weit kommt, wird die Wahlfrage unglaublich persönlich: Ist man jemand, der (einfache) Lösungen hier, jetzt und sofort haben möchte, auch wenn man im Nachhinein sehen wird, daß das keine gute Idee war? Oder zieht man ewige Verhandlungen vor bei der alle möglichen Aspekte acht Mal beleuchtet werden, damit man ja die Optimallösung findet? Oder, anders gesagt: eine starke Hand die einen heute vor vollendete Tatsachen stellt, oder doch lieber eine gemeinsame dafür potentiell endlose Entscheidungsfindung?

Oder noch einfacher: Diktatur oder Demokratie? In Zeiten der Krise ziehen Menschen ersteres vor, und das ist auch verständlich. Nur blöd, daß man Diktatoren nach der Krise im allgemeinen nicht mehr so leicht los wird…