Spatzenpost

VorarlbergPolitische Interventionen ist man gewohnt. Ob Personalentscheidungen, Auftragsvergaben, Berichterstattung, neuerdings auch Schulvorträge; ein kurzer Anruf aus der herrschenden Klasse genügt, und schon ist das Problem, wenn nicht völlig aus der Welt geschafft, dann zumindest der eigenen Weltsicht angepaßt. Der neueste Fall diesbezüglich passierte kürzlich in Vorarlberg:

Es gibt dort nämlich eine neue Pausenzeitung für Volksschüler von den Vorarlberger Nachrichten bzw. der Kleinen Zeitung, momentan noch als Versuchsballon für einige ausgewählte Schulen. In der neuesten Ausgabe gibt es einen Artikel über einen gewissen Herrn Erdogan aus der Türkei, und es wird angemerkt, daß der Kritik so gar nicht mag. Der Kiebitzer hat schon länger aufgehört zu zählen, aber bei den tausenden von Leuten, die seit dem Putschversuch eingesperrt, von ihren Posten entfernt oder ihres Reisepasses verlustig gegangen worden sind, kann man obige Aussage durchaus als “faktisch korrekt” bezeichnen.

Und jetzt kommt der Witz, der nicht wirklich zum Lachen ist: Das türkische Konsulat in Vorarlberg hat von dem Zehnzeiler Wind bekommen – wahrscheinlich sind die Kinder eines unserer türkischstämmigen Österreicher mit Tränen in den Augen nach Hause gekommen… etc. Und weil das türkische Konsulat einer derartig krassen Verunglimpfung des herrschenden Sultans nicht untätig beiwohnen kann, wird sich jetzt eben beschwert. Öffentlich nämlich, und mit einem leicht wehleidigen Hinweis auf die, so sicher nicht funktionierende, Integration.

Im folgenden ein paar Hinweise an das Konsulat:

  1. Willkommen in Österreich!
  2. Es sieht zwar nicht immer danach aus, aber wir mögen unsere Meinungsfreiheit. Genauso wie die Deutschen, übrigens, und vielleicht sollten Sie sich darauf einstellen, hier genauso abzublitzen wie dort.
  3. Wenn Sie schon den Begriff “Integration” bemühen, macht es Ihnen sicherlich nichts aus näher auszuführen wie Sie das meinen. Mit einer Auflistung genehmer Themenbereiche, Phrasen, Anreden etc. was die Berichterstattung über die Türkei betrifft; kurz und gut, wir bitten um detaillierte Erläuterungen wie Erdogan seine Fellatio denn gerne hätte; Sie haben da sicherlich Erfahrung.
  4. Sollte es mit der persönlichen Integration wider Erwarten doch nicht klappen, naja, als Konsulatsmitarbeiter ist man ja relativ flexibel. Mit ein bißchen Glück ist ein Platz im türkischen Präsidentenpalast zu haben. Wahrscheinlich werden Sie dort sehr schnell feststellen, warum freie Meinungsäußerung gar so ein hohes Gut ist…