Armer Hannes

SteiermarkDie Neuigkeiten aus der Steiermark: Hannes Kartnig wurde nach einigen Eskapaden die elektronische Fußfessel abgenommen, und er sitzt jetzt hinter Schloß und Riegel.

Eskapaden? Wir reden hauptsächlich von einem Premierenbesuch in der Grazer Oper und einer als Geschäftsessen getarnten Geburtstagsfeier im Wiener Nobelhotel. Aber bitte, sind das Eskapaden für einen Mann der gewohnt ist auf großem Fuß zu leben und mit viel Geld um sich zu schmeißen – und das wohlbekannterweise nicht erst seit gestern?

Man merke an, daß diese Art der Freigänge grundsätzlich auch anderen Häftlingen (ob mit oder ohne Fußfessel) erlaubt werden, auf Antrag natürlich. Die Frage ist ob die Justiz bei anderen Leuten auch so großzügig gewesen wäre, gut, vom Freigangszweck “Opernbesuch” haben die Verantwortlichen anscheinend auch erst nach vollendeter Tat aus den Zeitungen erfahren…

Genaugenommen steht dahinter aber eine wesentlich größere, beinahe schon philosophische Frage: Was ist der Sinn und Zweck des Strafvollzugs? Soll er wirklich eine Bestrafung für einen Schuldigen sein, dann ist ein Wegsperren mit minimalen Annehmlichkeiten der richtige Weg, unabhängig von der Tat.

Oder geht es um eine – man entschuldige das Wort – Umprogrammierung des Täters, damit er nicht rückfällig wird, und um eine spätere Wiedereingliederung des – hoffentlich – Geläuterten in die Gesellschaft? Dann braucht es Weiterbildungs- und Beschäftigungsprogramme, psychologische Betreuung die den Namen verdient, und ja, auch die Fußfessel statt bzw. gegen Ende einer Strafe oder für minderschwere Delikte ist absolut angebracht.

Die Fußfessel grundsätzlich ist allerdings so eine Sache: Ist es wirklich sinnvoll, daß jemand, der für ein Delikt bestraft wurde, welches er problemlos von zu Hause, online, über ein paar massierte Bücher, etc. wieder begehen könnte, eine Fußfessel genehmigt bekommt? Das mit der Wiedereingliederung ist auch so eine Sache: So wenig man einem fußfesseltragenden Ex-Drogendealer den Umgang mit Bekannten verbieten kann, so wenig kann man einen Ex-Millionär zwingen von Premierenaustern und Schampus auf Grillwürstel und Bier im eigenen Garten umzusteigen. Aber wie gesagt, das ist mehr eine philosophische Frage.

Zurück zu Hannes Kartnig, dessen Anwalt sich über eine angebliche Zweiklassenjustiz ereifert hat. Naja, das ist halt so bei Promis: Egal was die machen oder was der “normale” Mensch meint daß sie (nicht) machen dürfen, sie werden immer schärfer beäugt und beurteilt als ein Herr Swoboda, den in seinem Wohnblock nicht einmal die Nachbarn kennen. Hat wahrscheinlich etwas mit einer gewissen Vorbildwirkung besagter Promis zu tun.

Und der Kiebitzer muß auch ganz ehrlich zugeben, daß er sich einer gewissen Schadenfreude was diesen Fall angeht nicht ganz erwehren kann. Das hat jetzt nichts mit Herrn Kartnig persönlich zu tun – dazu müßte man sich kennen – sondern eher damit, daß der Kiebitzer der Meinung ist, es hätte schon den Richtigen getroffen. Einen von denen nämlich, die ganz offensichtlich nicht in der Lage sind, Fehler einzugestehen, und glauben, sie könnten eh so weiter machen wie bisher. Auf die Idee, daß man vielleicht ein Schuldeingeständnis abgibt, das mehr als ein Lippenbekenntnis ist, und entsprechend etwas kürzer tritt, kommen solche Leute nicht einmal. Das würde ein Maß an Selbstreflektion voraussetzen, welches man in solchen Kreisen nicht antrifft.

Aber wer weiß, eventuell schafft es ja der Herr Kartnig. Jetzt wo er nicht mehr so leicht in die Oper kann und nach Wien, findet er vielleicht Zeit dafür.