Category Archives: Salzburg

Rücktrittskultur

SalzburgSalzburgs Bürgermeister Schaden wurde – in erster Instanz – wegen Betrugs verurteilt. Der finanzielle Verlust für den Staat, pardon, für den Steuerzahler, liegt bei so 3 Millionen Euro. Und nachdem das Urteil gefällt wurde, endlich, sagt Schaden, er würde die Verantwortung übernehmen, endlich, und zurücktreten. Allerdings nicht sofort, keine Frage, irgendwann so im September wirds schon reichen.

Und woran liegt diese extra Wartezeit? Daran, daß Schaden sich die Sache schönredet und sagt es hätte sich immerhin niemand persönlich bereichert? Am Sommerloch, wo es eh wurscht ist welcher Bürgermeister auf Urlaub ist? Oder doch eher daran, daß “Verantwortung übernehmen” in Österreich nicht auch gleichzeitig heißt “Konsequenzen ziehen”.

Es gibt in Österreich nämlich keine Fehler-, geschweige denn eine Rücktrittskultur, egal auf welcher Ebene. Da wird sich lieber krampfhaft an einem “ich bin mir keiner Schuld bewußt” oder noch schlimmer, an einem “also, ich wars nicht…” festgeklammert, so lange bis es wirklich nicht mehr geht und man der zwangsweisen Entfernung doch lieber durch einen pseudofreiwilligen Rücktritt zuvorkommt. Wohl aus dem gleichen Grund ist es in Österreich nicht einmal üblich, sich als Politiker öffentlich für irgendein Fehlverhalten zu entschuldigen, ob es sich um einen selbst oder um Untergebene handelt.

Dem Kiebitzer ist schon klar, daß man, als Minister meinetwegen, nicht jedermann im Ministerium dauerüberwachen kann, und eine gewisse Eigenverantwortung darf man bei Erwachsenen voraussetzen, ja sogar einfordern (Stichwort facebook postings und dgl.). Aber es gibt genügend Fälle, für die man als Vorgesetzter Mitverantwortung trägt. Wenn eine Mitarbeiterin im 3. Büro von links anfängt mit Steuergeldern Börsenroulette zu spielen, und man das nicht ab Kenntnisnahme sofort unterbindet, dann ist man für Verluste mitverantwortlich und muß die Konsequenzen ziehen. Und das heißt nicht, diese Verluste halt irgendeinem anderen Deppen umzuhängen und sich selber eine weiße Weste zu bescheinigen.

Oder, als anderes Beispiel für Systemimmanenz: glaubt irgendjemand an einen Zufall, daß die FPÖ nicht anderes zu sein scheint als eine Ansammlung von bedauerlichen, aber immerhin nicht (rechtskräftig) verurteilten, braunen Recken? Natürlich nicht; diese Leute werden von ganz oben nicht nur geduldet sondern sogar herzlich eingeladen. Ein Schelm wer Böses dabei denkt und wehe, er kommt mit der Nazikeule…

Da ist der Kiebitzer jetzt ein bißchen abgeschweift, entschuldigung. Tatsache ist, daß Schaden die Reißleine – und Rücktrittskonsequenz viel früher hätte ziehen müssen. In Österreich ist soetwas allerdings kulturell nicht möglich. Ob das noch aus dem alten kakanischen Bild von Obrigkeit herrührt? Nach 99 Jahren wäre es langsam Zeit sich davon zu verabschieden…

Putsch upside-down

SalzburgBeinahe hat man es übersehen, so schnell ist es gegangen: Mit einem kurzen, unangekündigten Ausflug nach Salzburg hat H.C. Strache die dortige FPÖ Führung entmachtet, nein, sogar aus der Partei entfernt. Was genau der Grund für diesen Coup war, ist nicht so ganz offensichtlich. Strache redet von “Hinterfotzigkeit” als würde er sich damit auskennen; anscheinend hielten die Salzburger mit ihrer Meinung nicht hinter dem Mönchsberg, und das (oder die) hat Strache halt nicht gepaßt, und schon mußten Köpfe rollen.

Mittlerweile herrscht Chaos in der Salzburger FPÖ: Die Abtrünnigen haben eine neue Partei gegründet, einige mehr haben gewechselt, wieder andere sind in den Schoß der Mutterpartei zurückgekehrt… Man kennt sich nicht aus. Sicher ist auf jeden Fall, daß dies, weil eine lokale Begebenheit, nur einen Sturm im Wasserglas darstellt und keine Parteispaltung – und damit Parteischwächung – auf Bundesebene nach sich ziehen wird.

Die Werte, für die die FPÖ so steht sind – und werden hoffentlich auch nie wieder – salonfähig. Aber wenn H. C. Strache so den harten Mann mimt, der “Probleme” nicht zerredet sondern aus der Welt schafft, dann ist das in der gegenwärtigen österreichischen Politlandschaft schon eine Ausnahme. Kein Wunder, daß man die wählt. Wie war noch der Spruch mit den Blinden und Einäugigen…?