Sonntagsfrage

Ohne KategorieAm morgigen Sonntag steht sie also an, die Bundespräsidentenwahl. Mit sechs Kandidaten ist das Feld so groß wie nie. Natürlich haben nicht alle die gleichen Chancen, das höchste Amt im Staat auch wirklich zu bekleiden, aber immerhin hat man dieses Mal nicht nur die Wahl zwischen Pest und Cholera. Dies ist durchaus zu würdigen – und der Kiebitzer läßt sich das auch nicht nehmen! Schauen wir uns die Kandidaten doch einmal an, strikt in Stimmzettelreihenfolge:

Dr. Irmgard Griss. Unabhängige Quereinsteigerin, wenn auch mit Sympathiebekundungen von den NEOS bedacht. Sie wirkt offen und sympathisch, durchaus staatstragend und möchte Präsidentin für alle sein – gab’s das nicht schon einmal? Wahrscheinlich aus diesem Grund war sie sehr zurückhaltend in ihren Aussagen am Beginn des Wahlkampfes, fast schon zu wischi-waschi für jemanden, der nicht befürchten muß irgendwelche innerparteilichen Altherrenriegen zu verärgern. Hat sich mittlerweile aber gemausert und weiß jetzt auch was man im Amt darf und was nicht, endlich. Eine gewisse distanzierte Kühle wird ihr vorgeworden; aber es steht diesem Amt durchaus an erst zu denken und dann den Mund aufzumachen. Wer das nicht gut findet, na, es gibt andere.

Ing. Norbert Hofer. Aufrechter Parteisoldat der FPÖ. Wirkt auf den Kiebitzer ein kleines bißchen zu … anbiedernd, was wahrscheinlich dem politischen Couleur geschuldet ist. Sicherheitshalber hat er – als einziger – das Fairneß Abkommen zum Wahlkampf nicht unterschrieben. Gut so – sonst hätte er sich den Sager mit dem faschistischen Diktator eventuell magengeschwürfördernd verkneifen müssen… Als Stellvertreter Straches weiß er sicher wovon er redet; und auch andere seiner Aussagen kommen ganz offensichtlich von den gleichen Schummelzetteln. Er hat den Vorteil, der jüngste aller Kandidaten zu sein, aber ob man nach 22 Jahren in der Partei dergleichen Kommentare noch als Jugendsünden abtun kann? Falls nicht, es gibt andere.

Rudolf Hundsdorfer. Lebenslanger SPÖ Parteidiener. Hat sich vom kleinen Kanzleilehrling bis zum Sozialminister hochgedient, eine typische SPÖ bzw. Gewerkschaftskarriere. Er wirkt freundlich und umgänglich, wenn auch etwas steif im Scheinwerferlicht. Gut, man trifft andere Staatsoberhäupter eh mehr persönlich als via Videochat, da stört das nicht so. Sehr positiv ist dem Kiebitzer sein Amtsverständnis aufgefallen, so ungefähr Wählerwille geht vor, da war er ziemlich der einzige. Andererseits wirkt er etwas uninspiriert, so als wollte er nicht wirklich, sondern tut bloß der Partei einen Gefallen. Aus diesem Grund würde er wahrscheinlich am wenigsten anstellen; eine sichere Bank halt. Wem das nicht einleuchtet, naja, es gibt andere.

Dr. Andreas Kohl. Graue Politeminenz der ÖVP. Obwohl er in der Partei immer noch die Fäden zieht, sieht seine Nominierung nach dem Abwinken Prölls eher aus wie ein nachträglicher Einfall. Nicht nur das hat er mit dem SPÖ Kandidaten gemein: Auch er mimt den Distinguierten, und als gelernter Verfassungsrechtler sollte er wissen, wie man das Amt blamagefrei ausübt. Andererseits kommt er ein bißchen angriffiger herüber als der Regierungskollege, ein bißchen spritziger, als hätte er noch jede Menge zu sagen. Besonders seinen katholischen Hintergrund hält er nicht versteckt, das ist vielleicht etwas anachronistisch. Obwohl einer der ältesten Kandidaten, wäre er durchaus bereit, 2 Amtsperioden zu bleiben. Für jene die diese Aussicht nicht so gut finden, gibt es andere.

Ing. Richard Lugner. Unabhängiger Quereinsteiger, wenn auch mit einschlägiger Erfahrung als solcher. Wird gerade einmal von sich selber unterstützt, überhaupt nachdem der ORF beschlossen hat, ihn bestenfalls zu ignorieren und schlimmstenfalls vorzuführen. Das hat Lugner zur Klage veranlaßt – Recht hat er, und wird er hoffentlich auch bekommen! Darüber hinaus wird er das Image des Pausenclowns nicht ganz los, und das obwohl er sich alles was er heute zum Fenster hinausschmeißt, redlich verdient hat – und zwar alleine, ohne Papa- oder Parteibackup. Als einziger der Kandidaten stand er im echten Leben und weiß wie man eine Firma aufbaut und führt, da kann man ihm sicher auch die Aufgaben als Seniorchef im Staat zutrauen. Falls nicht, es gibt andere.

Prof. Dr. Alexander van der Bellen. Pseudo-unabhängiger Politpensionist, von den Grünen, wenn auch nicht offiziell nominiert, so zumindest finanziert. War lange genug in der Politik um sich damit auszukennen, wirkt aber gelegentlich etwas müde, wenn auch durchaus sympathisch; er würde das Komittee der internationalen Händeschüttler locker für sich einnehmen. Allerdings scheint es mit der Unabhängigkeit nicht gar so weit her zu sein – die Aussage er würde eine blaue Regierung nicht angeloben war hoffentlich nur einem temporären Ausfall geschuldet. Bleibt zu hoffen, daß ihm im Falle des Falles jemand das Kleingedruckte des Präsidentenarbeitsvertrages im Detail erklärt. Lernfähig ist er ja hoffentlich noch. Und wer das nicht glaubt, na, es gibt andere.

Das war’s als Lektüre vor der Wahl in Österreich. Der Kiebitzer als Auslandsösterreicher durfte sich aus wahltechnischen Gründen ja schon vor zwei Wochen deklarieren. Immerhin weiß er mit EMS geschuldeter Sicherheit, daß die Wahlkarte dieses Mal wirklich angekommen ist. Seine Stimme wird also gezählt, seine Pflicht ist getan. Jetzt liegt es an den anderen, auch an seinen Lesern: Bitte unbedingt wählen gehen!