Altersfragen

Es sieht so aus als würden in diesem Bundespräsidentenwahljahr überraschend viele Kandidaten aller möglichen Couleurs um die Stimmen der Österreicher buhlen. Warum jede Partei unbedingt einen Kandidaten aufstellen muß für ein Amt, das im Normalfall doch eher überparteilich funktionieren sollte, weiß der Kiebitzer jetzt auch nicht. Vielleicht fürchtet man ja einen Rückgang der Beschäftigung in den Medien und vor allem in der Werbebranche und möchte vorbeugend gegensteuern. Aber gut, mehr Auswahl ist ja im allgemeinen nicht übel.

Das Lustige an der Sache ist, daß der Wahlkampf noch nicht wirklich angefangen hat, ja, daß noch nicht einmal der Wahltermin fest steht, und trotzdem schon fleißig diskutiert wird. Nicht über Kompetenzen oder so, das ist ja jetzt nicht so schwierig: optisch herzeigbar, sprachliche und vermittlerische Kompetenz sowie Trittfestigkeit am gesellschaftlichen Parkett, fester Händedruck inklusive. Soetwas findet man sogar in Österreich.

Aber darum geht es in der Diskussion nicht, nein, das Alter der jeweiligen Kandidaten steht momentan im Vordergrund. Weil das nämlich lauter Leute sind, die man in jedem anderen Job schon vor 15 Jahren in den Zwangsruhestand geschickt hätte. Und es wird so getan als wäre das auf einmal ein Riesenhindernis für einen Bundespräsidenten. Dem Kiebitzer ist das eher wurscht. Leute die heute 70 sind, sind in der Tat körperlich und geistig fitter als die meisten, die das vor 20 Jahren waren. Außerdem kann man nicht abstreiten, daß, wenn man einen Repräsentanten braucht, ältere und damit hoffentlich erfahrenere Leute durchaus einen Vorteil haben. Und daß ältere Menschen im allgemeinen ihre Sturm- und Drangzeit hinter sich haben und einem geregelten Familienleben nachgehen, welches sich im allgemeinen nicht auf den ersten Seiten der Klatschpresse abspielt. Man muß ja nicht unbedingt einen Berlusconi/Sarkozy Klon, sprich, den Herrn Lugner, wählen.

Interessant ist auch, daß beinahe zeitgleich und beinahe von den gleichen Leuten die Frage aufgetaucht ist, ob man vielleicht den Altpräsidenten, jenen im Ruhestand nämlich, nicht doch noch ein paar Aufgaben übergeben sollte. Und ob sich die nicht grundsätzlich etwas aktiver ins Politgeschehen einmischen sollten. Das Beispiel Deutschland wurde genannt, wo der durchschnittliche Altpräsident dem deutschen Steuerzahler durchschnittliche 42.000 EUR kostet, monatlich, bis ans Lebensende, übrigens.

Schauts Kinder, ihr könnts nicht beides haben: Einerseits sich über das Bundespräsidentenantrittsalter beschweren und andererseits verlangen, daß die gleichen Leute 12 Jahre später noch ganz gleich mit gleichem Elan zur Verfügung stehen. Außerdem hat Österreich im Moment eh kein Geld, schon gar nicht für endlose Altbundespräsidentenpensionen. Da ist es schon ganz gut, wenn Leute erst gut abgelegen für diesen Posten kandidieren…