Voraberklärung: Der Kiebitzer weiß, daß er sich mit dem Folgenden ziemlich in die Nesseln setzen wird. Schließlich ist er ein Techniker und hat von Kunst nur soweit eine Ahnung, wie sie ihm gefällt und er sich zuhause an die Wand hängen würde. Aber vielleicht lesen das hier ja Leute, die ihm etwas erklären können…
Den Bachmannpreis, nämlich. Da wird jedes Jahr so ein tam-tam darum gemacht, daß sich sogar der Kiebitzer dazu genötigt fühlte, nachzuforschen was das ist: Ein Literaturpreis also. Wo innerhalb von ein paar Tagen 14 deutschschreibende Autoren aus ihrem neuesten Werk vorlesen, was dann am Ende im besten Fall zu einem von 5 Preisen führt, oder so.
Gut, so weit hat’s der Kiebitzer kapiert. Und daß es den Bachmannpreis seit mittlerweile 40 Jahren gibt. Gut, denkt sich der Kiebitzer, schauen wir nach wer den bislang gewonnen hat, bei 40 Preisträgern kennt man sicher den einen oder anderen. Nicht wirklich! Von der Liste der Bachmannpreisträger der letzten 40 Jahre kennt der Kiebitzer keinen einzigen. Nein, Moment: Den Franzobel kennt er; nicht daß er einmal bewußt etwas von dem gelesen hätte, aber der Name ist ihm immerhin ein Begriff.
Und jetzt kommt die Frage mit den Nesseln: Wozu ist der Bachmannpreis gut? Weil, wenn der dafür gedacht wäre, irgendwelche Lebenswerke oder herausragenden Leistungen zu ehren – Stichwort Nobelpreis bzw. Oscar – dann müßte man von den Preisträgern im Vorfeld schon einiges gehört haben. Das ist nicht wirklich der Fall. Und wenn es darum geht, Nachwuchsförderung zu betreiben, dann sollte man zumindest vom Gewinner nachher etwas hören. Danach sieht es aber auch nicht aus, wie gesagt, der Kiebitzer kennt nur einen einzigen. Und ist es nicht irgendwie schwach, in 40 Jahren 39 Mal ein “Leider doch nicht” zu ziehen, überhaupt wo die Sache als DER deutsche Literaturpreis gilt?
Der Kiebitzer hat also weitere Forschungen angestellt und sich den Text des diesjährigen Bachmannpreisträgers durchgelesen. Und die Idee ist genial: Der Kunde eines Tiefkühlkostverkäufers macht diesen zum Mittwisser seines Selbstmordes und bittet ihn, seine Leiche an einen anderen Ort zu bringen, wo sie dann “in Ruhe” entdeckt werden kann – oder auch nicht. Als der Verkäufer nach einiger Zeit den Plan doch ausführen möchte, ist die Leiche nicht wo sie sein sollte…
Ein großartiger Anfang für einen Krimi, nicht wahr! Leider ist das Ganze verpackt in einer Sprache, die man beim besten Willen nur als “unlesbar” bezeichnen kann, hauptsächlich wegen einer unglaublichen grammatikalischen Willkür. Das waren nur 8 Seiten, ein ganzes Buch voll davon würde der Kiebitzer nie lesen.
Der liest nämlich (privat) hauptsächlich zur Unterhaltung, was nicht notwendigerweise “seicht” heißt. Der Text des 2. Preisträgers beispielsweise ist auch nicht leicht zu lesen, was an der zirkularen Form der Textes liegt, der quasi spiralfärmig auf sich selbst zurückkommt und dann doch anders weitergeht. Das kann man auch nicht so dahinplätschern lassen, aber hier kann man sich auf den Inhalt konzentrieren ohne zwanghaft mit einem gedanklichen Rotstift in jedem Satz die Grammatik auszubessern.
Dann ist der Bachmannpreis also für literarische Kunst? Und zwar nicht angewandte Kunst, sondern diese “l’art pour l’art“, die selbst in den innersten intellektuellen Inzuchtzirkeln nur eine Handvoll Leute verstehen, oder zumindest so tun als ob? Das würde erklären, warum der Kiebitzer und wahrscheinlich der Rest der breiten Masse von den Preisträgern noch nie etwas gehört hat. Und warum das wohl auch weiterhin so bleiben wird. Naja, den Kiebitzer stört das nicht weiter, Kunst ist halt nicht jedermanns Sache…
Zum Selberlesen als pdf:
Bachmannpreis 2017: Ferdinand Schmalz mein lieblingstier heißt winter
Deutschlandfunkpreis 2017: John Wray Madrigal