Sommergespräch in Schwarz

OEVPKaum geht der Kiebitzer 5 Tage auf Urlauf, schon ist alles anders in Österreich und der ÖVP, schon gibt wer ganz anderer den Ton an… Irgendwie ist es ein bißchen unfair, man kann dem neuen Mann Mitterlehner die alten Kamellen ja nicht unbedingt zum Vorwurf machen. Ob sich Resetarits von seinem Schock erholt hat ist unklar, immerhin war das Gespräch ganz entspannt – wie ein 5. Sommergespräch eben sein sollte.

  • Studienplätze, deren Bewirtschaftung und der Brain Drain

Wir haben also genügend Studienplätze für Ärzte, gut zu wissen, na, wenn die dann nicht alle nach Deutschland (zurück) gehen, ist das ja dann in Ordnung. Anderweitig, wo es noch keine Quoten- und Zugangsregeln gibt, sieht Mitterlehner solche “vorsichtig”, was immer das heißen mag. Grundsätzlich möchte er lieber Anreize geben, daß die Absolventen nicht abwandern, sondern in ihr Dorf zurückkehren. Das ist halt das Dumme wenn man jeden Dorftrottel studieren läßt: Einmal Stadtluft geschnuppert und ordentlich ausgebildet, sind die nicht so blöd in ihr Dorf zurückzukehren und sich im Wirtshaus beim Schnapsen über das Nachbardorf zu unterhalten. Brain Drain ist real, egal wie Mitterlehner das sieht, und die hochgebildeten Ausländer die im Gegenzug nach Österreich kommen, ziehen auch lieber in die großen Städte als nach Fürstenfeld.

  • Unirankings und -visionen

Anscheinend glaubt Mitterlehner, daß größere Unis automatisch in diversen Unirankings weiter vorne sind als kleinere. Das mag stimmen, liegt aber wahrscheinlich eher daran, daß die mehr Geld zur Verfügung haben, überhaupt in Amerika, wo man ordentlich Studiengebühren bezahlen muß. Diese wurden interessanterweise überhaupt nicht angesprochen, man hat sich wohl nicht getraut. Wo die geforderte Hochschulmilliarde herkommen soll, sofern es die geben wird, ist auch unklar geblieben; aber immerhin soll das Studenten-Betreuerverhältnis verbessert werden. Irgendwie halt, ein paar neuangestellte Uniprofessoren werden da nicht wirklich reichen, da muß man am Mittelbau und wahrscheinlich noch weiter unten ansetzen.

  • Wir haben ein gutes Angebot was die österreichischen Universitäten anbelangt.

Was hat er damit wohl gemeint? Die Anzahl der Unis oder die der Studierenden im 1. Semester? Auch behauptet er, daß wir gute Wissenschafter haben, besonders in Mathematik, in Quantenphysik; die Anzahl der Zitierungen würde das beweisen. Er meint doch hoffentlich nicht den Zeilinger und den Hairer – ersterer bestätigt mit seinem Ausnahmeinstitut die Regel, zweiterer ist immer noch in England. Nicht daß unsere Unis so schlecht sind, sie passen halt einfach ganz gut nach Österreich, ein kleines, mittelmäßig wichtiges Land. Und daran wird auch die Forschungsquote von 2.9% des BIP nichts ändern – ein Großteil der Gelder geht wahrscheinlich immer noch an solche Firmen, die sich Forschung auch ohne Förderung leisten könnten…

  • Zur Taktik mit dem Bundesheer

Zu Sinn und Notwendigkeit des österreichischen Bundesheeres kann man stehen wie man will, besonders wenn es um militärische Einsätze geht, wenn auch nur im Rahmen der UNO. Daß wir jemanden brauchen, der bei diversen Katastrophen den Dreck wieder wegräumt ist völlig klar, auch, daß das am besten eine nationale Einrichtung ist, liegt am Ausmaß einer durchschnittlichen Katastrophe. Wenn wir das aber wollen, dann muß die Finanzierung dieser Einrichtung – egal wie wir die jetzt nennen wollen – gesichert sein. Wie schlimm es wirklich aussieht, kann der Kiebitzer als Außenstehender nicht beurteilen, aber daß die Politik versucht daß unter den Teppich zu kehren und grade mal “intern” zu diskutieren ist normalerweise kein gutes Zeichen. Übrigens, nur so am Rande: Was ist denn so schlimm daran, daß Heeresbedienstete mit dem Bus zum Katastropheneinsatz fahren? Die müssen doch wohl nicht zu Fuß gehen?

  • Steuerreform 2009

Der Kiebitzer findet es gut, daß Mitterlehner so klar über die Steuerreform 2009 gesprochen hat, und über die gegenwärtige Wirtschaftskrise, und wie man das gegenfinanzieren sollte/müßte aber eben nicht kann weil die Einnahmen nicht stimmen. So klare Aussagen, bitte untermauert mit ein paar Zahlen das nächste Mal wenn es nichts ausmacht, hätte der Kiebitzer – und wahrscheinlich viele andere Österreicher – gerne öfter. Der Durchschnittsösterreicher ist nicht so blöd wie es die Wahlergebnisse annehmen lassen. Daß man eine Steuerreform nicht über Nacht machen kann, ist wohl jedem klar. Warten wir aufs Frühjahr, mal sehen was dann kommt.

  • Pensionen

Wieder eine schöne, klare Aussage über das Pensionsversicherungssystem, und daß man nur das herausbekommt was man vorher einbezahlt hat. Interessant allerdings der Betrag der Durchschnittspension von 1150 EUR. Entweder ist das inkl. aller Ausgleichszulagen (170.000 Österreicher, echt?) und Pflegegelder und Wohnungszulagen und wer weiß was sonst noch, oder es gibt mehr von diesen Luxuspensionen als es sich der Kiebitzer auch nur ansatzweise vorstellen kann.

  • Pensionsantrittsalter

Es ist ja nichts Neues, daß unser Pensionsantrittsalter zu gering ist mit nicht einmal 59 Jahren. Sicherlich alles Hackler. Natürlich klärt man das auch am besten gemeinsam mit der Wirtschaft, aber die hat halt auch nichts zu verschenken und arbeitet über weite Strecken (nicht unverständlicherweise) nach dem Geiz ist geil Prinzip. Nette Meldung von wegen wir sitzen alle in einem Boot, nur um dann die 10.000 15jährigen die pro Jahr weniger auf den Arbeitsmarkt drängen gegen die Älteren die ganz bestimmt an deren Stelle eingestellt werden, auszuspielen, pardon, gegenzurechnen. Daß die Jungen wahrscheinlich einfach länger in der Schule sitzen und das niedrige Pensionsantrittsalter ja wohl nicht alleine an den Hacklern liegt, ist wahrscheinlich noch nicht durchgedrungen.

  • Verwaltungsreform

Schön, daß Mitterlehner die Einschätzung vieler Österreicher teilt: daß der Karren Österreich mit Vollgas gegen die Wand steuert und daß es eine Verwaltungsreform erst dann geben wird, wenn wir alle ungläubig vor dem Wrack stehen. Und was macht er jetzt dagegen? Schließlich ist ja gerade er einer der Steuermänner, die das Ruder herumreißen könnten… Aber nein, man redet von “Quick Wins” die beim Bürger ankommen müssen, und von 20% weniger Beamten in diversen Ministerien (die man wahrscheinlich einfach in anderen wieder eingestellt hat). Der Kiebitzer kann sich schön langsam des Eindrucks nicht erwehren, man hofft, wenn das System schon zusammenbricht, daß es dann mehr von den anderen unter sich begraben wird als von der eigenen Mannschaft.

  • Mit 50% des BIP finanzieren wir für irgendwen im System liebgewordene Dinge.
    Haben Sie schon jemanden bemerkt der das dann gerne abgibt?

Hervorragend gebrüllt, Löwe, nur… War das jetzt eine Absage an die herrschende Klientelpolitik oder doch deren Legitimation? Der Kiebitzer harrt der Dinge, die da kommen bzw. abgegeben werden…

TOP Meldung:

  • Wir müssen uns, wenn wir einen Schlußstein haben wollen, dort auch bewegen.

(Zum Thema Vermögenssteuern.)
Alle Achtung, hätte der Kiebitzer nicht erwartet, glaziale Geschwindigkeiten sind immer noch besser als totaler Stillstand.

NO-NA-NET Meldungen:
(Kleinigkeiten ausgetauscht, und es könnte von jedem kommen.)

  • Es wird darum gehen was man für Handlungen setzt.
  • Es geht darum eine bürgerorientierte Politik zu machen.
  • Wir brauchen eine Lohnsteuerreform.
  • Man muß differenzieren.
  • Es muß bei der Reform was weitergehen.

FLOP Meldung:

  • Die Konjunktur wird demnächst wieder anspringen MÜSSEN.

Hoffentlich. Bitte bitte. Sonst sind wir weg vom Fenster und der Wagen fährt wirklich ungebremst an die Wand…

FAZIT:

Für den Kiebitzer war das bislang das beste Sommergespräch. Das lag an der entspannten Art beider Gesprächspartner und vermutlich an einer gewissen Schonfrist, die man Mitterlehner zugestanden hat. Ob er die gebraucht hätte ist schwer zu sagen, er wirkte entspannt und souverän und hat versucht, gewisse Dinge zu erklären ohne die Zuhörer als Idioten abzukanzeln. Diese einfache Offenheit mit der er Dinge anspricht, sollte er unbedingt beibehalten, vorausgesetzt sie entspringt einer echten Ehrlichkeit. Die Frage ist, was er jetzt wirklich weiterbringen kann – ein paar Leute an der Spitze auszutauschen ist noch keine Parteireform – und vor allen Dingen: weiterbringen möchte. Die nächsten paar Jahre werden es zeigen, mal schauen, wie lange er sich halten kann…